Franziskus von Assisi: vom Evangelium ergriffen
Franziskus von Assisi ist ein Mann, den man kaum vorzustellen braucht. Der Prunk seiner frühen Jahre, seine dramatische Bekehrung und seine radikale Nachfolge Christi in evangelischer Armut sind weithin bekannt. Sein Lebenszeugnis beflügelte die Phantasie seiner Zeitgenossen. Der von ihm gegründete Orden verbreitete sich rasant im mittelalterlichen Europa und wurde so zum Katalysator für Erneuerung innerhalb und außerhalb der Kirche.
Was war an Franziskus so originell und fesselnd? Was hat er in die Welt gebracht, das so völlig neu war? Die tiefsten Dinge benötigen die wenigsten Worte: Der Heilige Franziskus von Assisi brachte eine neue Blickrichtung. In einer Zeit des Verfalls war es Franziskus gegeben, das Gesicht Gottes neu zu entdecken. Mit einer Sicht, die vom Geheimnis der unmittelbaren Nähe Gottes zu uns in der Menschwerdung erleuchtet wurde, entdeckte Franziskus die ganze geschaffene Wirklichkeit neu, vor allem seinen Mitmenschen als Bruder und Nächsten.
Die Ehrfurcht, die Franziskus vor der heiligen Menschheit Christi empfand, findet ihren besonderen Ausdruck in seiner Ehrfurcht vor der Krippe, dem Kreuz und der Eucharistie. In diesen Realitäten offenbart sich das Wesen der Liebe, die sich frei und konkret verschenkt und dabei das Risiko einer völligen Selbsthingabe eingeht.
Wenn man ihn nicht als den versteht, der von der Liebe ergriffen und vom „schönen“ Christus überwältigt wurde, läuft die Person des Franz von Assisi Gefahr, exzentrisch, ideologisch oder bloß historisch zu werden. Jedoch wurde er zu einem "lebendigen Evangelium", das fähig war, seiner Generation und darüber hinaus die Wahrheit der überragenden Liebe Gottes zu den Menschen zu vermitteln, weil er auf völlig authentische Weise das Geheimnis des fleischgewordenen Wortes erfahren hat.